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Tag 9 – Trauma

Auf den Vortrag mit der Psychologin freute ich mich. Trauma ist ein Wort dass wir alle kennen, wissen womit das ungefähr zu tun hat. Genau benennen konnte ich es vorher nicht. Ein schlimmer Schock – eine negative Erfahrung. Etwas das auf den Organismus lebensbedrohlich wirkt.

In erster Instanz haben wir versucht eine Liste uns bekannter Traumata zu sammeln. Von Gewalt, Missbrauch, Unfall, sexuellen Übergriffen, Unfällen, Naturkatastrophen, Krankheit, Tod uvm. fielen uns sehr viele Dinge ein in der Runde. Ein Trauma ist ein negatives Erlebniss. Wie schlimm oder intensiv das sein muss, dafür gibt es keine Richtlinie, jeder Mensch hat seine eigene Grenze dafür. Für den einen kann etwas nicht schlimm sein, für den anderen bereits ein Trauma. Es ist nichts was wissentlich zustande kommt. Es kommt aus dem Körper heraus. Und kann 2 Folgen nach sich ziehen.

Für mich war total neu, dass dieses für mich rein psychologische Thema so gar nicht rein psychisch ist. Viel mehr hat es für mich eine große Brücke gespannt zwischen dem Körper und der Psyche. Jedes Traum das wir erleben – egal ob kognitiv bewusst oder vergessen/verdrängt/nicht kognitiv erlebt – wir in unserm Körper gespeichert. Jede Zelle in unserem Körper befindet sich in stetigem Wandel. Sie ist in Bewegung. Am Besten in gleichmäßigen Bewegungen die im Rahmen der Wohlfühlzone passieren.

Jeder Mensch besitzt eine eigene Resilienz. Eine Grenze. Innerhalb dieser Grenze können wir erlebtes ohne größere Probleme verarbeiten. Wenn etwas allerdings die Grenze übersteigt, dann kann das bereits traumatisch sein. Es bringt unsere Zelle dazu zu reagieren. Keine bewusste Reaktion. Ein Schutzmechanismus unseres Körpers. Die 2 Möglichkeiten die der Körper hat sind wie im Tierreich – Flucht oder Kampf. Die Zelle kann also entweder im erweiterten Modus bleiben und es nicht mehr schaffen in den Ruhemodus zu finden, oder aber sie zieht sich ganz zusammen und stellt sich tot. Rückzug, Flucht. Daraus resultiert ein Zustand der depressionsgleich den Organismus ausschaltet. Das ist bei allen Menschen aller Altersgruppen das selbe.

Was bedeutet das aber für unsere Krümel?

Traumata – das weiß man heute – können bereits prenatal entstehen. Noch im Mutterleib können zB Vergiftungstraumata (Drogen, Alkohol, Nikotin) oder Gewalt (gegen die Mutter oder das ungeborere Kind in Form eines Abtreibungsversuches) Traumen auslösen die das Kind natürlich vom Kopf her nicht versteht, sich nicht erinnern wird. Doch der Körper des Kindes wird sich erinnern. Traumata können bei der Geburt entstehen. Für Mutter und Kind. Trauma können für Säuglinge nicht durch Gewalteinflüsse entstehen sondern auch durch Vernachlässigung. Man unterscheidet dabei zwischen einmaligen Traumen und chronischen, stets wiederkehrenden Traumen (wie es oft bei Misshandlung und sexuellen Übergriffen der Fall ist)

Traumatisierte Kinder können also auf 2 Wegen reagieren. Entweder der Organismus bleibt in einer Art Manie und ist ruhelos. Die Kinder schreien viel, zittern teilweise zur Entladung, schlafen schlecht. Es kann sein dass diese Kinder keine Nähe wollen. Dass sie auf bestimmte Gerüche oder Geräusche panisch reagieren! Sich nicht beruhigen lassen. Insbesondere nicht durch normale Maßnahmen weil genau diese vielleicht negative Traumen wieder aktivieren im Körper. Retraumatisierung passiert in diesem Zusammenhang. Man muss sich wirklich auf das Kind zu konzentrieren um auszuloten wo es sich wohlfühlt und wie es sich beruhigen lässt. Dabei ist bei kleinen Säuglingen die wirkungsvollste Maßnahme unser eigener Organismus. Unsere Zellen in Ruhe stecken den kleinen Organismus an und können bewirken dass sich der Zustand bessert. Können! Müssen aber nicht. Ganz wichtig nämlich um ruhig zu bleiben ist der Grundsatz: Das Trauma ist nicht meine Schuld, ich kann das Kind nicht heilen, nur begleiten. Es liegt nicht an mir. Ich mache nichts falsch! Das Kind wird von seinem Organismus in diesem Zustand gehalten.

Die zweite, schlechter erkennbare aber auch sehr traurige Variante ist die Resignation. Kinder und Säuglinge die aufgegeben haben. Wir kennen diese Variante von Schlaflernprogrammen zB.
Babies werden entgegen ihrem Wunsch allein in ihr Bett gelegt und man lässt es schreien bis es resigniert aufgibt. Die Zellen schließen sich. Es ist wie eine Maus die in die Ecke gedrängt vor der Katze zusammenbricht in der Hoffnung die Katze verliert das Interesse oder frisst sie in diesem schmerzreduzierten Modus der Resignation. Ein Shut Down des Körpers. Die Temperatur, die Atmung und der Herzschlag sinken. Im Tierreich funktioniert das blendend denn oft möchte der Verfolger kein vermeintliches Aas fressen. Nach kurzer Zeit springen die totgeglaubten Tiere auf und laufen davon (ein schütteln/zittern geht damit meist einher um das Trauma aus dem Körper zu bekommen). Menschenkinder sind so hilflos und angewiesen auf uns. Wenn wir sie alleine lassen und absichtlich nicht in ihrer Not erhören und uns ihrer annehmen, schalten sie auf einen Überlebensmodus der sie ruhig stellt. Ruhig und nur darauf gepolt zu überleben. In dem Fall ist eine Folge davon auch durchzuschlafen, wofür sich die Eltern dann auch noch feiern. Wenn man weiß was für ein Prozess im Körper des Kindes dem vorangeht erkennt man die unglaubliche Perfidität des Vorgangs. Es ist nichts anderes als Gewalt an unseren Kindern sie nicht zu erhören. Stark oder chronisch traumatisierte Säuglinge können in diesem apathischen Zustand gefangen sein. Tag und Nacht sind diese Babies außergewöhnlich ruhig und pflegeleicht. Jeder Lebensmut ist aus ihnen gewichen. Sie haben leere Augen, zeigen wenig Reaktion und kaum Freude an Dingen. Auch diesen Babies kann man am Besten mit einem heilenden Umfeld helfen. Ein heilendes, stabiles Umfeld. Am Besten unsere Zellen aktivieren die des Babies.

Sie betonte immer wieder dass wir um Trauma entgegen zu wirken eben ruhig bleiben müssen. Innerlich ruhig. Bei Schreikindern kann das unglaublich schwer fallen. Wir müssen uns also schützen. Abtausch, Auszeiten, Hilfe organisieren. Vor allem auch unsere eigenen Kinder davor schützen von dem Trauma des Kindes angesteckt zu werden.

Trauma lassen sich auch durch reden übertragen. Der Sog des Trauma, schadet dem der es erzählt und dem der es hört. Neugierde ist oft stärker als der Wunsch sich selber zu schützen. Wir sollten uns also selber schützen in dem wir uns keine Details zur Vergangenheit der Kinder erzählen lassen (Sekundäres Trauma). Nicht vom Betreuer, nicht vom Sozialarbeiter und nicht vom Herkunftssystem. Wir alle kennen die vielen Geschichten die wir über die Medien aufnehmen. Wir alle haben schon etwas gelesen oder gesehen dass in unsrem Kopf etwas auslöst dass uns nicht mehr loslässt. Das uns nicht mehr schlafen lässt zb (in einen manischen Zustand versetzt) . Wir haben entsprechendes nicht selbst erlebt, kennen die Menschen noch nicht mal. Aber der Inhalt enthielt Details die die Geschichte in unserem Kopf wie ein Film ablief. Wenn der Inhalt dann über unsere Resilienz hinaus geht, kann uns so etwas bereits traumatisieren. Das spüren wir selbst. Ich selbst hatte das bereits ganz oft. Themen die um fehlendes Kindeswohl gehen übersteigen ganz schnell und oft meine Grenze. Das ist für mich nicht auszuhalten. Ein Video von einem panischen Kind beim impfen das alle lustig finden treibt mir die Tränen in die Augen. Ein Beispiel dafür das man für Traumen keine Grenze ziehen kann. Jeder erlebt das anders. Auch anzuwenden auf die momentane #metoo Kampagne. Frauen haben Traumata erfahren. Wie schlimm und ob das für einen selber schon eines wäre ist überhaupt nicht von Belang. Wer sich anmaßt über die Resilienz einer anderen Person zu urteilen ist total am Holzweg. Jedes Trauma ist für die betreffende Person ein schlimmes Erlebnis. Vor allem Folgetraumen die auf ein bestehendes Trauma aufbauen können nur der Tropfen sein der das Fass zum überlaufen bringt. Bestimmte wiederkehrende Negativerfahrungen (chronische Verläufe) können auch die Grundresilienz nachhaltig senken. Genauso kann es einem Menschen aber möglich sein seine Resilienz zu erhöhen.

Dieser Vortrag war auf jeden Fall mega interessant und hat mich unglaublich überrascht. Falls ich Zusammenhänge falsch dargestellt habe, bitte weißt mich gerne drauf hin. Ich bin nicht vom Fach – nur begeistert.

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